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© 1991-2011 Rechtsanwaltskanzlei Michael Rietz Impressum
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  Themenübersicht:  
  Al-Haddad (Rüstungsexporte Irak)  
  Haft für Waffenschieber
suedkurier.de, 29.11.2003
 
  Angeklagter muss über vier Jahre in Haft
Stuttgarter Zeitung, 29.11.2003
 
  Haftstrafe für Waffengeschäfte mit Irak
SWR Fernsehen, 28.11.2003
 
  Auslieferungsverfahren in Bulgarien
PDF, 3.2MB, 24h, 11.11.2003
 
  Bulgarian court orders extradition of
ex-Nashville businessman
Middle Tennessee News & Information , 02.11.2003
 
  Der höfliche Geschäftsmann will von Waffen nichts wissen
Stuttgarter Zeitung, 12.09.2003
 
  Prozess: US-Bürger bestreitet Waffenexport
Frankfurter Rundschau, 09.09.2003
 
  Ein Hauch von Levante im Gerichtssaal
Mannheimer Morgen, 09.09.2003
 
  Waffengeschäft oder normaler Exportverstoß?
RNZ, 09.07.2003
 
  Der höfliche Geschäftsmann will von Waffen nichts wissen
RNZ,, 09.07.2003
 
  Irakischer Waffeneinkäufer sitzt in Haft
WELT.de, 08.03.2003
 
  Verdächtiger Iraker stellt sich deutschen Behörden
Mannheimer Morgen, 06.03.2003
 
  Sachen, die bumm machen
Der SPEIGEL 3 / 2003
 
  Germans on trial over Iraq arms
The New York Times, 15.01.2003
 
   
  Leico(Rüstungsexporte in den Irak)  
  Leico-Geschäftsführer legten Geständnis ab: Geldstrafen
Fahrlässig technische Teile für Rüstungsgüter ausgeliefert
Münsterische Zeitung, 20.12.97
  Leico-Prozeß um Verstoß gegen Außenwirtschaftsgesetz Manager wollen von militärischer Verwendung nichts gewußt haben
Münsterische Zeitung, 25.10.97
 
  Staatsanwalt wartet auf Gutachten Ermittlungen gegen Leico laufen weiter
Ahlener Zeitung, 02.01.96
 

  Der höfliche Geschäftsmann will von Waffen nichts wissen

Im Mannheim wird einem US-Bürger mit langjährigen Beziehungen nach Bagdad wegen illegaler Rüstungsexporte der Prozess gemacht.

 
  Es ist eine schillernde Figur, die derzeit in Mannheim vor Gericht steht. Sahib al-Haddad soll Waffen nach Bagdad geliefert haben. Das Regime behauptete einst, der irakisch-stämmige US-Bürger habe in den achtziger Jahren das Chemiewaffenprogramm des Landes mit aufgebaut.

Von Christopher Ziedler

Der Angeklagte ist derart höflich und zuvorkommend, dass selbst der Dolmetscher plötzlich Partei für ihn ergreift: "Er sitzt immer ganz brav neben mir und protestiert nicht", wenn das Gericht schon das nächste Beweisdokument inspiziere, während das vorhergehende noch übersetzt werde. Der 60-jährige Sahib al-Haddad, ganz Geschäftsmann, in dunklem Tuch und perfekt sitzender Krawatte, lächelt auch dann noch freundlich, als sein Anwalt Michael Rietz das Gericht daran erinnert, der Sprachbarriere mehr Bedeutung beizumessen: "Sonst rauscht die ganze Verhandlung am Hauptangeklagten vorbei."

Dabei geht es um viel für ihn. Die Mannheimer Staatsanwaltschaft wirft dem irakisch-stämmigen Mann, der zum Studium in die Vereinigten Staaten ging, sich nach dem Abschluss 1975 eine geschäftliche Existenz aufbaute, schließlich US-Bürger wurde und Anfang der neunziger Jahre nach Jordanien ging, die Beteiligung an einem groß angelegten Waffendeal vor. Al-Haddads deutscher Ansprechpartner, der Pforzheimer Ingenieur Bernd Schompeter, sitzt bereits eine mehrjährige Gefängnisstrafe ab, weil es das Gericht im Januar dieses Jahres als erwiesen ansah, dass er die Lieferung von Tiefbohrwerkzeugen zwischen der niedersächsischen Firma Burgsmüller und al-Haddads Unternehmen in Amman vermittelt hat - im Bewusstsein, dass die Ware eigentlich für den Irak bestimmt war. Erkenntnissen der Mannheimer Staatsanwaltschaft zufolge hätte das mittlerweile gestürtzte Regime von Saddam Hussein damit gewaltige Geschützrohre zum Abschuss von ABC-Waffen produzieren können.

"Nichts davon ging in den Irak", beharrt der graumelierte Angeklagte mit Brille freundlich, aber bestimmt. Die Werkzeuge seien zum Bau von Hydrauliksystemen für Schaufelbagger bestimmt, aber leider "alt und rostig" gewesen. Sein Anwalt spricht von einem "Mord ohne Leiche". Der Staatsanwalt könne keine Beweise für die Absicht vorbringen, dass die Bohrer von Jordanien aus in den Irak verfrachtet werden sollten - "von einer tatsächlichen Lieferung ganz zu schweigen".

Dubiose Geschäfte "zu lange her"

Immer wieder weist al-Haddad darauf hin, dass die irakische Regierung sein US-Unternehmen trotz einer jahrzehntelangen Geschäftspartnerschaft 1996 an eine "schwarze Liste" gesetzt habe: "Von da an hatte ich überhaupt keine Chance mehr, irgendeinen Kaufvertrag mit Bagdad abzuschließen." Um sich gleich darauf zu widersprechen, indem er eingesteht, auch in der Folgezeit Kontakte zu irakischen Offiziellen gepflegt zu haben: "Ich gehöre demselben Familienclan an wie Saddam und viele Regierungsmitglieder."

Die Herrschaftssippe musste 1996 gegenüber den vereinten Nationen Rechenschaft über das ihr nach dem ersten Golfkrieg verbliebene Waffenpotenzial ablegen - sie nutzte dies unter anderem, um die Verstrickung westlicher Firmen in den Aufbau des irakischen Chemiewaffenprogramms zu dokumentieren. Eine Zusammenfassung des noch unter Verschluss gehaltenen Berichts an die UN-Inspekteure, die "schwarze Liste", von der der Angeklagte spricht, liegt der Stuttgarter Zeitung vor. Sie verrät zumindest einiges über die mögliche geschäftliche Vergangenheit des Beschuldigten. Unter dem Stichwort "Al-Haddad, Tennessee" ist dort die Lieferung von 60 Tonne DMMP im Jahr 1984 vermerkt, einer Chemikalie, die als Basis zur Herstellung des Nervengases Sarin gilt. Außerdem habe das Unternehmen in den Jahren 1984 und 1985 "Ausrüstung für die Chemiewaffenproduktion geliefert".

Auf diesen Vorwurf angesprochen, sagt al-Haddad in der Verhandlungspause, dass er sich daran nicht erinnern könne: "Das ist jetzt immerhin bald 20 Jahre her." Was er aus dieser Zeit eingesteht, ist die geplante Lieferung von fünf Tonnen Kaliumfluorid an die irakische Regierung. "Man braucht es, um Zahncreme herzustellen", erzählt der Geschäftsmann. Weil der Stoff auch für die Herstellung von Giftgas benötigt wird, beschlagnahmten US-Ermittler die Lieferung am New Yorker John-F.-Kennedy-Flughafen. Anklage wurde damals nicht erhoben.

Wenig Interesse an al-Haddad haben die amerikanischen Ermittler auch kürzlich wieder demonstriert. Nach ausführlichen Vernehmungen während der Untersuchungshaft in Bulgarien, wo er am 25. November vorigen Jahres festgenommen wurde, verzichteten sie auf ein Auslieferungsgesuch.

Anwalt hält Anklage für Unsinn.

Für den Anwalt ist deswegen allein die Tatsache, dass sein Mandant nun in Deutschland vor Gericht steht, Beleg dafür, dass die Fahnder nichts gegen ihn vorbringen können: "Diese ganze Anklage ist Unsinn", schimpft der Staranwalt aus Münster, der vor Jahren bereits den Kaufbeurener Atomspion und Vertreter der Firma Gildemeister, deren Teile in irakische Scud-Raketen eingebaut wurden, verteidigt hatte. Sahib al-Haddad lächelt auch, als es um das vielleicht bedeutendste Indiz geht, das die Staatsanwaltschaft gegen ihn vorbringt - im Gegensatz zu seinen vier Mitangeklagten, die nur wortkarg über die Vorgänge in den beteiligten deutschen Unternehmen Auskunft geben. In einem Brief von al-Haddad an Schompeter ist von "Regierungsgeldern" die Rede, die er bei dem Bohrwerkzeugdeal nicht verprassen dürfe. "Das waren natürlich keine irakischen Regierungsgelder, sondern jordanische", sagt der US-Iraker und wirft seiner Familie im Gerichtssaal einen aufmunternden Blick zu. Als Amerikaner in Amman habe er seine Geschäfte eben über Jordaniens Zentralbank abwickeln müssen. Al-Haddad gibt sich daher zuversichtlich, dass er schon bald wieder Geschäfte machen darf. Nach dem Regimesturz durch die amerikanischen Truppen "werden US-Firmen im Irak jetzt bevorzugt".

RNZ, 09.07.2003