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Plädoyers und Schlußworte im H+H-Prozeß - Hinze: "Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen" MEH Drensteinfurt/Münster. | ||
"Ich habe nur einen Wunsch: Ich möchte mein Leben mit meiner Familie in Frieden und Freiheit fortsetzen." So das kurze Schlußwort des Angeklagten Peter Hütten gestern vor der 11. Großen Strafkammer des Landgerichts Münster. Etwas ausführlicher wurde Hüttens Ex-Kompagnon Dietrich Hinze: "Ich habe Fehler gemacht. Was geschehen ist, tut mir leid. Doch Scham empfinde ich nicht; zu oft mußte ich während dieses Prozesses an das Sprichwort 'Die Kleinen hängt man. Die Großen läßt man laufen' denken." Damit faßte Hinze noch einmal in wenigen Sätzen die Verteidigungsstrategie im H+H-Prozeß zusammen: Eigene Beteiligung zugeben, aber dabei stets die Mitschuld von Behörden und Institutionen betonen. Am letzten Verhandlungstag vor der Urteilsverkündung am kommenden Freitag, 14. Juni, setzten die Anwälte von Peter Hütten und Helmut B. die Runde der Plädoyers fort. Pflichtverteidiger Heinz-Jürgen Hülsken hob in der Verteidigungsrede zunächst die Geständnisbereitschaft seines Mandanten Peter Hütten hervor: "Er hat sich bereits am 5. November 1993 freimütig zu den ihm zur Last gelegten Vorwürfen geäußert." Weiterhin betonte Hülsken, daß H+H mit der Lieferung von Werkzeugen und Halbfertigteilen zwar einen Beitrag zum irakischen Raketenprogramm geleistet habe, dieser Beitrag aber nicht von überragender Bedeutung gewesen sei: "Das Herzstück der Raketen, ihr Antrieb und ihre Steuerung, kam von anderen Firmen." Dr. Holger Rostek, der Wahlverteidiger Hüttens, nahm ausschließlich zur Strafzumessung Stellung. Hierbei wollte er acht Punkte für seinen Mandanten strafmildernd berücksichtigt wissen: In persönlicher Hinsicht seien Peter Hütten seine Geständnisbereitschaft, sein einwandfreies Vorleben, sein Alter und seine angeschlagene Gesundheit zugute zu halten. Einen 62jährigen Mann, der am Ende seiner Berufslaufbahn vor dem Nichts stehe und zudem mit den Spätfolgen einer Tropenkrankheit zu kämpfen habe, träfen die Folgen eines solchen Prozesses weitaus härter als einen jungen Menschen, der noch die Gelegenheit zum Aufbau einer neuen Existenz habe, betonte Rostek: "Peter Hütten ist nicht nur äußerlich nicht mehr der, der er einmal war. Allein die 22monatige U-Haft hat ihn schwer gezeichnet." Die Dauer dieses "Mammutprozesses" habe ihr übriges getan. In sachlicher Hinsicht wollte Rostek vor allem folgendes berücksichtigt wissen: Da sei zum einen eine Vorverurteilung Hüttens durch bestimmte Medien. "Wenn jemand als Waffenschieber bezeichnet wird, dann bleibt das immer hängen." Aber nicht nur die Medien, auch die Justiz habe sich nicht einwandfrei verhalten. Mehrmals seien Informationen über Gerichtsbeschlüsse schon vor offizieller Bekanntgabe durchgesickert. Darüber hinaus seien die Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG), gegen die Hinze und Hütten verstoßen haben sollen, in höchstem Maße unbillig. Daher lautete Dr. Rosteks Appell an das Gericht: "Sie haben jetzt die Chance einer 'Korrektur' dieser Vorschriften durch das Richterrecht." Abschließend forderte Rostek für seinen Mandanten eine angemessene Freiheitsstrafe und die Aufhebung des Haftbefehls (Peter Hütten ist nur gegen Kaution auf freiem Fuß). Näher beziffern wollte er seinen Antrag nicht: "Auf jeden Fall erheblich weniger als die Staatsanwaltschaft gefordert hat." Für Helmut B. beantragten seine Anwälte Freispruch: "Herr B. hat nicht aus Eigeninteresse, sondern nur aus Loyalität zu seinen Vorgesetzten gehandelt. Seine Unterstützung bei der Lieferung der Drückwalzmaschine nach Libyen hatte nicht den Charakter einer Beihilfehandlung", so Wahlverteidiger Volker Cramer. Sein Kollege Wolfgang Höfer stufte die Schuld von Helmut B. ebenfalls als gering ein: "Für meinen Mandanten kommt höchstens eine Geldstrafe in Frage." Bildunterschrift 1: Dr. Holger Rostek, Peter Hüttens Wahlverteidiger. Bildunterschrift 2: Dietrich Hinzes Verteidiger Michael Rietz (links) und Ulrich Rademacher (rechts) hatten bereits am Dienstag für eine geringe Strafe plädiert, damit ihr Mandant nach der fast zweijährigen U-Haft nicht mehr ins Gefängnis muß. Ahlener Zeitung, 18.06.1996 |