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Tüfteln für Saddam Karl-Heinz Schaab, Husseins verurteilter Atomspitzel, sieht sich als kleine Nummer |
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Für die amerikanischen Medien ist der in Kaufbeuren lebende Hesse Karl-Heinz Schaab ein "Handlanger des Todes". Der irakische Dissident Khidir Hamza sieht in dem Deutschen gar die Schlüsselfigur für die nukleare Aufrüstung des Irak. Denn nur dank einer von Schaab gelieferten Hochleistungszentrifuge und dem Verkauf geheimer Dokumente, so Hamza vergangen Woche in einem Interview mit der englischen "Times", könne Diktator Saddam Hussein waffenfähiges Uran produzieren und "binnen Monaten" in den Besitz der Atombombe kommen. "Unglaubliche Unterstellungen!", schimpft Schaab über diese Einschätzung seiner Rolle. Vor drei Jahren verurteilte das bayrische Oberste Landesgericht den Techniker wegen Landesverrates. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Schaab Konstruktionspläne für eine Gas-Ultrazentrifuge zur Anreicherung von Uran an den Irak verkauft hat. Der gefürchtete Diktator sei meilenweit davon entfernt, atomwaffenfähiges Material produzieren zu können, meint Schaab. "Wenn es einer Million Schritte zur Herstellung einer Nuklearwaffe bedarf, dann hat mein Mandant den Irakis drei oder vier gezeigt", resümiert Michael Rietz , der Anwalt des Atomspions. Die Vorwürfe, die nun wieder gegen ihn erhoben werden, bringen den ansonsten ruhigen Rentner, der die Herbstage gern auf Teneriffa verbringt, in Rage. "Ich bin kein Bombenbauer", entrüstet sich Schaab gegenüber FOCUS. "Ich habe den Irakis nur Komponenten für die Zentrifuge angefertigt." Verschwörungstheorien. Der verurteilte Spion sieht sich als Opfer nachrichtendienstlicher Intrigen. Den heißen Draht zum Irak habe ihm sein Freund und Ex-Kollege bei MAN-Technologie, der Physiker Bruno Stemmler, vermittelt. Schaab, damals selbständig, fertigte hochpräzise Maschineteile für die Superschleuder. Dann habe er im Auftrag Stemmlers den Irakis in einem Wiener Luxushotel streng vertrauliche Blaupausen der MAN mit den Konstruktionsplänen für die Zentrifuge übergeben. Rund 1,5 Millionen Mark hätten ihm die Geschäfte mit den Irakis eingebracht. Fünfmal sei er in das Reich Saddams gereist. "Die Araber haben die von mir gelieferte Technik doch gar nicht umsetzen können", rechtfertigt sich der gelernte Modellbauer heute. Er selbst sei damals "blauäugig" gewesen. Sein Partner Stemmler, mutmaßt Schaab, habe als Agent des Bundesnachrichtendienstes oder des israelischen Geheimdienstes Mossad gearbeitet. "Durch das spezifische Interesse der Irakis konnte er auf den Stand ihrer Rüstung schließen." Stemmler habe ihm einmal Andeutungen gemacht. 1993 starb der Wissenschaftler. Schaab nimmt an, sein ehemaliger Partner sei ermordet worden. Die von den USA befürchtete nukleare Bedrohung durch den Irak hält Schaab für Propaganda. Der Rüstungsverräter glaubt: "Bush will den Krieg." Marco Wisniewski/Thomas Zorn Focus 39/2002 |